Caroline Deiß, Vitalia-Vereins Mitglied und Kräuterführerin rund um München
führt Sie in das Geheimnis der Rauhnächte. (Bilder von C. Deiß)

Das Geheimnis der Rauhnächte

Die Rauhnächte oder die zauber-vollen 12 Schicksalstage von Weihnachten bis Dreikönig gelten von alters her als heilige Schwellenzeit in der gefeiert, Rückschau gehalten und orakelt werden soll. An den Tagen um die Wintersonnenwende ist die Natur in ihren innersten Kern versunken, um Kräfte für ihre Wiedergeburt zu sammeln. In dieser magischen, mystischen Jahresphase stehen die Pforten zur jenseitigen Welt weit offen; sie laden uns ein, in die Zukunft zu schauen und mit der Anderswelt, dem unsichtbaren Reich, in Kontakt zu treten. Es ist die Zeit, sich von den Spuren des alten Jahres zu erholen, in sich einzukehren und das Schicksal neu zu weben.

Jeder Tag der 12 geheimnisvollen Nächte steht nach altem Brauch unserer Ahnen stellvertretend für
die Geschehnisse eines Monats im kommenden Jahr; die erste Rauhnacht für den Januar, die zweite
für den Februar und so weiter. Jahrhunderte alte Erfahrungen zeigen, dass das, was wir in diesen 12
Nächten träumen, sich im entsprechenden Monat des neuen Jahres verwirklichen wird. In diesen
magischen Tagen können wir alle Wahrnehmungen in einem persönlichen Tagebuch für diese Zeit
notieren und so diese Zeit bewusst begehen, um unseren Geist zu schärfen und der Seele wohlzutun.
Nach vorchristlichem Glauben sitzt die Fruchtbarkeitsgöttin Holle in den rauen, nebeligen Nächten vor ihrem Kessel und kocht die Ursuppe, das Schicksal der Menschen. Am Anfang eines jeden Lebens wird in diesem Gefäß der Leib, der Geist und die Seele der Erdbewohner gefertigt. In den Rauhnächten, den Tagen des Übergangs, bereitet sie darin die Inspiration, die Initiation, die Einweihung und Transformation der Persönlichkeit zu. In den Zwischenzeiten sind die Tore zu dem verborgenen Reich der Erde frei und jeder kann am Faden seines Lebens mitspinnen und den Rührlöffel in der Suppe des Urkessels bewegen. Er kann hineinschauen und sein Schicksal, sein Los
sehen und seine Handlungen, die den Lebensweg formen, mitbestimmen. In diesen dunklen Tagen feierten unsere heidnischen Vorfahren den Beginn des neuen Jahres. Alle Feuer des Landes wurden gelöscht und von dem angesehensten Priester ein neues, heiliges Feuer auf einem sakralen Festplatz entzündet. Davon nahm jede Familie eine Flamme mit nachhause und entfachte dort wieder das eigene Herdfeuer. Mit etwas glühender Asche daraus räucherte der Familienvater – unter Verwendung von Beifuß, Rainfarn, Wacholderbeeren und Tannenharz – Haus und Hof.

 

 

 

 

Die 12 magischen Nächte zwischen den Jahren

Während der gesamten Rauhnachtszeit ist es überwiegend dunkel, und die Sonne zeigt sich kaum lange genug am Himmel. Eine Frostnacht mit eisigem Wind folgt der nächsten und draußen ist es unheimlich und voller Schatten. Der Wind rüttelt an den Fenstern und kahle Bäume recken ihre Zweige in den düsteren Himmel. Gleichzeitig läutet die 1. Rauhnacht eine Zeit ein, in der wir zu unserer Natürlichkeit, Authentizität und Ursprünglichkeit zurückfinden sollen. Sie prägen unsere Identität, die so wichtig für das Gelingen unseres Lebens ist. Eine Auszeit vom Alltag, die Sehnsucht nach Freiheit, Sorglosigkeit und Gesundheit stillen – das soll die faszinierende Zeit ankurbeln. In der Stille dieser dunklen Nächte durchwandert unser Geist unsichtbare Dimensionen und erspürt geistige Eingebungen. Wie in einem Zustand der Trance nehmen wir Naturerscheinungen wahr, die Impulse in uns auslösen und sich in Ideen verwandeln. Bei dieser magischen, dunklen Zeit handelt es sich um jene zwölf Tage und Nächte, die zwischen dem Mondjahr mit 354 Tagen und dem Sonnenjahr mit 366 Tagen liegen. Daher stammt der Ausdruck von der „Zeit zwischen den Jahren“. Es handelt sich um Schalttage die unsere keltischen Vorfahren zu ihrem Jahreswechsel, damals Samhain, einfügten. Als Nächte wurden diese Tage bezeichnet, da sie sich in der Nacht, der dunklen Zeit des Jahreskreises, befinden. Alles musste in der Zeit der inneren Einkehr aufgeräumt sein, es durfte keine Wäsche auf der Leine hängen, und an den Tagen wurden besonders viele Bohnen, Erbsen und Linsen gegessen, weil sie Glück bringen sollten. Galten sie doch als Lieblingsspeise der rauhnächtlichen Geister und wurden daher vor die Behausungen gestellt, damit sich die vorbeiziehende wilde Jagd daran laben konnte und als Freude darüber die Bewohner mit Glück und Lebensmut belohnte.

Die stillen Zaubernächte sind auch die Zeit der Einkehr und der Besinnung. Fragen nach dem Sinn des Lebens tauchen auf. Unsere innere Stimme meldet sich hörbar und der Wunsch nach Volksmärchen als weise und verborgene Seelenkraft wird in diesen magischen Tagen immer lauter. Sie weisen einen Übergang zum Übersinnlichen, zur Anderswelt und erzählen von Göttern und Geistern, Naturwesen und Ahnen. Gedanken und Gefühle unserer Vorfahren liegen in ihnen verborgen, welche uns mit der tröstenden Seele und dem Lebenselixier der magischen Natur in dunklen Wäldern und mystischen Bergen verbinden. Meditationen in der magischen Zwölfenzeit geben uns die Möglichkeit zur Selbsterkenntnis. Wir tauchen ein in die Geheimnisse des Kosmos und der Urkraft des Universums. Die stille Konzentration auf die Wesen der Schöpfung, lässt uns in die Tiefen der Weisheit eintauchen und die Kräfte der Erde spüren.

Caroline Deiß, Autorin des Buches „Geheimnisvolle Rauhnächte“ und der gleichnamigen 48 Orakelkarten
Kontaktdaten zu C. Deiß erhalten beim Vitalia-Verein E-Mail: kontakt@vitalia-verein.de , Tel: 089 171766

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